Projektbeispiele

AutoAdd - Automatisierte Prozesskette beschleunigt 3D-Druck

Der Trend zu kundenindividuellen Produkten nimmt Fahrt auf. Was im T-Shirt- oder Tassen-Druck bereits funktioniert, hat die Kegelmann Technik GmbH, die :em engineering methods AG und das Fachgebiet Datenverarbeitung in der Konstruktion der TU Darmstadt nun für den 3D-Druck realisiert. Ob aus Kunststoff, Edelstahl oder Aluminium werden individuelle Brillen, Prothesen sowie Ersatzteile für die Automobil- und Flugzeugindustrie „gedruckt“. Durch eine neue Softwarelösung wird die gesamte Prozesskette von Auftragseingang, Angebotserstellung bis zur Produktion und Auslieferung automatisiert. Mit „autoADD“ sinken die Durchlaufzeiten um 58 Prozent. Die Kosten für die Produktion von Einzelstücken (Losgröße 1) reduzieren sich durch das mit Mitteln des Landesprogramms LOEWE geförderte Projekt ebenfalls nachhaltig. 

Schon seit 1989 spezialisierte sich die Kegelmann Technik GmbH aus Rodgau auf den Prototypenbau mit additiven Fertigungsmethoden. Hierbei werden computergesteuert nacheinander Schicht um Schicht Materialien aus Metallen oder Kunststoff aufgetragen, aus denen am Ende ein dreidimensionales Werkstück entsteht. Dieses Verfahren wird auch als Sintern bezeichnet und wird heute mit modernsten 3D-Druckern realisiert. Seit 2005 produziert das Werk in Rodgau-Jügesheim auch Kleinserien für den Maschinenbau. Schon länger suchte Juniorchef Kai Kegelmann nach einer digitalen Lösung, um die komplette Prozesskette von der Kundenanfrage bis zur Auslieferung zu automatisieren. Mit der :em engineering methods AG aus Darmstadt und der TU Darmstadt, Fachgebiet Datenverarbeitung in der Konstruktion (DiK), plante er eine Lösung, die diesen Prozess digital sowie nahtlos datengetrieben umsetzen und automatisieren sollte. Gemeinsam beantragte das Konsortium unter Führung der Firma Kegelmann einen Innovationszuschuss aus der LOEWE-Förderlinie 3.

 

Angebotserstellung mit autoADD reduziert sich auf 25 Minuten

„Mit einem 3D-Drucker haben Sie ein Teil in kürzester Zeit gedruckt. Zeitaufwendig und damit teuer sind die vor- und nachgelagerten kaufmännischen und fertigungstechnischen Prozessschritte“, erläutert Kai Kegelmann die Herausforderung. Vor allem die manuelle Datenaufbereitung für die Fertigung nimmt viel Zeit in Anspruch. Zudem ist es üblich bei kundenindividueller Fertigung, zunächst ein Angebot zu erstellen. Hierfür müssen beim Pre-Processing aus den vom Kunden bereitgestellten Datensätzen wesentliche Informationen für die Fertigung bereits ermittelt werden, um die Kosten zu kalkulieren. Vor autoADD mussten die Kegelmann-Mitarbeiter für die Angebotserstellung je nach geliefertem Datentyp mit zehn unterschiedlichen Softwaresystemen die Daten analysieren. Sie ermittelten über verschiedene Medien hinweg Meta-Daten wie Maße und Geometrie, um Materialbedarf, Zeitaufwand für Datenaufbereitung, Fertigung und Nachbearbeitung zu berechnen. „Dauerte die Angebotserstellung früher mehrere Tage, schaffen wir das mit autoADD nun in 25 Minuten“. Zusammen mit der :em engineering methods AG und dem Fachgebiet DiK der TU Darmstadt entwickelten die Projektpartner eine integrierte, auf dem Fertigungs- und Methodenwissen basierende Prozesskette, die medienbruchfrei automatisiert über ein eingebettetes Enterprise Resource Planning-System (ERP) erfolgt.

 

autoADD reduziert Gesamtprozess von zwölf auf nur fünf Tage

Eine weitere Herausforderung für den Fertiger von kundenindividuellen Einzelstücken liegt darin, dass in einer Maschine bis zu 300 verschiedene kundenspezifische Bauteile gleichzeitig verarbeitet werden. Vor autoADD mussten die fertigen Bauteile aufwendig manuell und auftragsspezifisch zugeordnet werden. AutoAdd schafft durch die Integration der ERP-Lösung, innovativer Algorithmen und notwendiger Schnittstellen eine papierlose, digitale und integrierte Prozesskette inklusive Qualitätssicherung sowie Nachverfolgung kundenindividueller Bestellungen. Sowohl für den Fertiger als auch den Kunden wird die Bearbeitung transparenter. Der gesamte Prozess von der Kundenanfrage bis zur Auslieferung reduziert sich von zwölf auf nur fünf Tage.

 

Maßgeschneiderte Brillen, Prothesen und Ersatzteile per Online-Shop

„Vom Flugzeugbau über die Automobilindustrie, den Maschinen- und Anlagenbau bis hin zum Heimanwendermarkt werden alle von einer derart neuen Prozesskette und Auftragsabwicklung profitieren“, versichert Kai Kegelmann. In seinem Unternehmen stehen 3D-Drucker, die mit Metallen wie Edelstahl und Aluminium sowie Kunststoffen wie Polyamid und Polypropylen arbeiten. Die Kunststoffe stehen zudem in alle denkbaren Farben zur Verfügung. Neben der erreichbaren Komplexität der Objekte ermöglicht autoADD insbesondere bei kleinen Stückzahlen höhere Profitabilität gegenüber konventionellen Verfahren. Hersteller können kundenindividuellen Wünschen bei der Produktgestaltung einfacher nachkommen und Marktnischen wirtschaftlich tragfähig bedienen.

 

Losgröße 1 nun bis zu 35 Prozent günstiger

„Die Kosten bei der Produktion von Einzelstücken entstehen beim Pre-Processing und den nachgelagerten Prozessen. Wir konnten mit autoADD zeigen, dass wir die Kosten bei der Einzelanfertigung um bis zu 35 Prozent senken können“, erläutert Kai Kegelmann. Besonders interessant ist die Anpassung von Produkten an den menschlichen Körper, beispielsweise bei Prothesen, Zahnimplantaten oder Schuheinlagen und Brillen. So könnte es mit autoADD künftig möglich werden, die Lösung unmittelbar in einen Online-Shop einzubinden. Auf diese Weise könnten Optiker, Medizin- und Zahntechniker ihre Daten direkt in den Fertigungsprozess einspeisen. Kai Kegelmann ist sich sicher: „Die Digitalisierung in der Fertigung steht vielfach noch in den Startlöchern. Wir sind dank der Förderung durch das Land Hessen mit autoADD jetzt schon gut aufgestellt, Kleinserien und kundenindividuelle Lösungen in kürzester Zeit und zu wirtschaftlich vertretbaren Kosten zu realisieren.“

 

Dieses Projekt (HA-Projekt-Nr.: 500/16-12) wurde von Juli 2016 bis Juni 2018 im Rahmen der Innovationsförderung Hessen aus Mitteln der LOEWE – Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz, Förderlinie 3: KMU-Verbundvorhaben gefördert.

 

Stand: Dezember 2018
Text: Christian Gasche

Antragsteller

Kai Kegelmann
kkegelmann@ktechnik.de

Kegelmann Technik GmbH
Gutenbergstraße 15
63110 Rodgau-Jügesheim
www.ktechnik.de

Projektpartner

Herr Dr. Sven Kleiner
sven.kleiner@em.ag

:em engineering methods AG
Rheinstraße 97
64298 Darmstadt
www.em.ag

 

Prof. Dr.-Ing. Reiner Anderl
anderl@dik.tu-darmstadt.de

TU Darmstadt
Fachgebiet Datenverarbeitung in der Konstruktion (DiK) 
Otto-Berndt-Straße 2
64287 Darmstadt
www.dik.tu-darmstadt.de

Ansprechpartner

Produktion und Werkstoffe

Renate Kirsch

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Projektmanagerin Produktions- und Materialtechnologie, Verfahrenstechnik, Optik, Industrie 4.0

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