Projektbeispiele

Innovative Kunststoffschweißmaschine reduziert Rüstzeiten und ermöglicht Losgröße 1

Der Prototyp eines neuen Kunststoff-Fügezentrums aus Nordhessen vereint erstmals mehrere Schweißverfahren mit Werkzeugwechselmodul in einer Maschine. Auf Basis einer CNC-Fräsmaschine entwickelte die Fischer Kunststoff-Schweißtechnik GmbH zusammen mit dem Institut für Werkstofftechnik an der Universität Kassel einen Demonstrator. Die neue Maschine ist für die Großserienfertigung ausgelegt. Ihre Vorteile spielt sie aber vor allem bei Kleinserien mit verschiedenen Bearbeitungsschritten aus. Sie leistet damit einen Beitrag für die flexible Produktion in der Industrie 4.0.

Moderne Autoschlüssel und komplexe Gehäuse aus Kunststoff für Elektrogeräte enthalten immer häufiger elektronische Teile und Funktionen. Auch die Fahrzeugindustrie, die Medizin- und IT-Technik benötigen Kunststoffteile, in die mit mehreren Bearbeitungsschritten verschiedene Vorprodukte zu integrieren sind. Je nach Fügeaufgabe kommen dafür unterschiedliche Schweißtechniken zur Anwendung. Für die Massenproduktion werden aber bisher Maschinen nur für ein Schweißverfahren hergestellt. So übernimmt immer eine Maschine mit dem passenden Werkzeug nur einen Teil der Produktion. Das Bauteil ist also in einer Prozesskette unterwegs und jede Maschine muss für jedes neue Produkt wieder neu eingerüstet werden. Für die Großserienfertigung ist dies sinnvoll. Aber der Markt ändert sich. Die Industrie verlangt eine höhere Flexibilität. Statt starrer Fertigungslinien für Massenprodukte wünschen sich einige Unternehmen heute flexible Fertigungsprozesse für Kleinserien komplexerer Produkte. 

 

Das „Schweizer Messer“ für mehr als 20 verschiedene Fügeverfahren

Der Maschinenbauer Fischer und Professor Dr.-Ing. Hans-Peter Heim von der Universität Kassel hatten bereits zusammen ein Handlingsystem für eine neue Spritzgießmaschine entwickelt. Inspiriert von metallverarbeitenden Maschinen formulierten sie eine gemeinsame Zielvorstellung, um die Kunststoff-Fügetechnik auf ein neues Innovationsniveau zu heben. Ihr Ziel war, ein Multi-Tool für Kunststoff-Fügetechnologien in einer Maschine zu realisieren. Das ist ihnen gelungen. Sie entwickelten eine Maschine, die verschiedene Schweißverfahren innerhalb eines Fertigungsschritts integriert. Der Schweißwerkzeugträger ist durch lineare und rotatorische Achsen beweglich, um sich optimal auf die Bauteile ausrichten zu lassen. Die Maschinentechnik ist mit einem elektromechanischen Antriebssystem ausgestattet. Die Maschine enthält angelehnt an Fräsmaschinen aus der Metallbearbeitung optional ein automatisiertes Wechselsystem für das Schweißwerkzeug und das Schweißverfahren. „Erst durch die jüngsten Entwicklungen in der Maschinensteuerung, der Mess- und Sicherheitssysteme sowie Schnittstellentechniken wurde die Entwicklung der Anlage als Prototyp überhaupt denkbar“, erläutert Michael Fischer die für den Laien zunächst nicht erkennbare Innovation.

 

Losgröße 1 im Internet der Dinge

Der Prototyp beherrscht nach Projektende wie angestrebt mehrere Schweißverfahren, die je nach Bedingungen und Anforderungen der Schweißaufgabe sowie abhängig von den Bauteilen kombinierbar sind. Selbst innerhalb eines Prozesses ist ein schneller Wechsel der Verfahrenstechnik möglich. Dabei sorgen Steuerung und Antrieb für ein positionsgenaues Umsetzen des Werkstücks in die Fügeposition. Dadurch können erstmals in einer Maschine an verschiedensten, komplexen Bauteilen mehrere Kleinteile angeschweißt werden, ohne in den Prozess manuell eingreifen oder die Maschine wechseln zu müssen. Das reduziert die Maschinenanzahl und minimiert Rüstzeiten. Die Produktion von Kleinserien wird somit wirtschaftlich vertretbar. Aktuell wird die Patentierung des Fügezentrums vorbereitet, um die innovative Prozesstechnik zu schützen. Bei der Fischer Kunststoff-Schweißtechnik GmbH entstanden zwei neue Arbeitsplätze. Über das Fügezentrum wurden zwei Bachelor-Arbeiten geschrieben. Unternehmen und Fachbereich veröffentlichten Publikationen in Fachzeitschriften. Der Prototyp wurde auf Messen und Kongressen vorgestellt; die Resonanz der Fachwelt und der Kunden sind durchweg positiv. „Für uns als Maschinenbauer ist das Projekt die ideale Referenz, um uns als künftig auch als Entwicklungspartner für Anwendungen in der Industrie 4.0 zu positionieren“, so Michael Fischer. „Ohne die Unterstützung der Hochschule und die Förderung durch das Land Hessen hätten wir diesen Innovationsschritt für unsere Branche nicht realisieren können.

 

Dieses Projekt (HA-Projekt-Nr.: 460/15-02) wurde von Januar 2014 bis Ende 2016 im Rahmen von Hessen ModellProjekte aus Mitteln der LOEWE – Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz, Förderlinie 3: KMU-Verbundvorhaben gefördert.

 

Stand: Dezember 2017
Text: Christian Gasche

Antragsteller

Dipl.-Ing. Michael Fischer
michael.fischer@fischer-st.de

Fischer Kunststoff-Schweißtechnik GmbH
Meißnerstraße 5
37297 Berkatal
www.fischer-st.de

Projektpartner

Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Heim
heim@uni-kassel.de

Universität Kassel
Institut für Werkstofftechnik
Fachgebiet
Kunststofftechnik
Mönchebergstr. 3
34125 Kassel
www.uni-kassel.de

Ansprechpartner

Produktion und Werkstoffe

Renate Kirsch

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Renate Kirsch

Projektmanagerin Produktions- und Materialtechnologie, Verfahrenstechnik, Optik, Industrie 4.0

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